Für Gericht Tür aus den Angeln gehoben
Ortstermin im Verfahren wegen Bedrohung und Beleidigung von drei Frauen

aus: Waldeckische Landeszeitung vom 30. April 2005

Diemelstadt-Wethen (ah). Wie viel kann man durch einen zwei bis drei Zentimeter breiten Spalt zwischen Tür und Rahmen sehen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des gestrigen Ortstermins in Wethen im Verfahren gegen zwei 30 und 33 Jahre alte Männer aus Wethen und Wedel, die sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung, der Bedrohung und der Beleidigung vor dem Amtsgericht Bad Arolsen zu verantworten haben (wir berichteten).

Bei der Ortsbesichtigung in einem Wohnhaus in Wethen fehlte jedoch der früher in dem gleichen Haus an der Mittelstraße wohnende und inzwischen wieder in Norddeutschland lebende Angeklagte H. (33). Er hatte mitgeteilt, dass er wegen einer Bronchitis nicht zu dem gestrigen Gerichtstermin erscheinen könne.

Staatsanwalt Ulrich Hübenthal kündigte deswegen an, er werde einen Haftbefehl beantragen, falls keine ordentliche Entschuldigung in Form eines ärztlichen Attestes vorgelegt werde. Der gleiche Angeklagte, der in dem Haus in Wethen eine Zeit lang wohnte, war bereits im vergangenen Jahr unentschuldigt nicht zur Verhandlung erschienen. Auch hier war ein Haftbefehl zur Vorführung des Angeklagten angestrebt worden. Zwei Prozesstermine sind bisher geplatzt.

Am 15. April konnte endlich die Verhandlung mit Zeugenaussagen beginnen. Erstmals sagten damals die nach Darstellung der Anklage von den beiden Männern bedrohten türkischen Frauen (eine Mutter mit zwei Töchtern) aus. Diese hatten noch im gleichen Haus wie T. und H. gewohnt. Beide sind vorbestraft und werden der rechtsextremen Szene zugeordnet. T. war unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Eine weitere Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung bei der Twister Kirmes 2004 hat noch keine Rechtskraft erlangt (wir berichteten ausführlich).

Die Verhandlung hatte sich vor zwei Wochen auf die Frage zugespitzt, ob die Frauen in der Nacht vom 4. auf den 5. März 2004 durch einen Spalt zwischen Tür und Rahmen nach draußen hätten schauen können. Dieser soll durch Treten und Schlagen der beiden Angeklagten an der oberen Türzarge entstanden sein. Die Zeuginnen sagten Mitte dieses Monats vor Gericht aus, das sie die beiden Männer deutlich gehört hätten.

Weil die Tür gestern ordentlich in den Angeln hing, wurde sie für die Inaugenscheinnahme durch Richter Karl-Heinz Kalhöfer-Köchling, Staatsanwalt Hübenthal, den als Verteidiger von T. fungierenden Rechtsanwalt Heinrich Göbel und T. selbst aus der oberen Zarge gehoben. Dabei wurde deutlich, dass die Frauen aufgrund ihrer Körpergröße nicht ohne weiteres vom Flur aus nach draußen schauen konnten. Bei dem gestrigen Verhandlungstag waren sie nicht zugegen.

Das Verfahren wird voraussichtlich erst am 13. Mai im Amtsgericht Bad Arolsen fortgesetzt.


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